Werbung sorgt für Aufregung
Sexismusvorwurf?! Die Fahrzeugwerbung von Michael Haller bekam nun kuriose Aufmerksamkeit. Was droht bei Post vom Werberat?

Fährt seit Jahren gut mit seiner auffälligen Werbung auf dem Transporter: Tischlermeister Michael Haller. (Foto: Denny Gille)
Gute Werbung zu machen ist eine Kunst. Aufmerksamkeit soll sie erregen – und das nicht nur zum Selbstzweck: Dem Tischler und Holztechniker Michael Haller ist so eine Werbung gelungen. Auf seinem Firmenfahrzeug fährt er mit ihr durch das niedersächsische Nienburg. „Steh ich an der Ampel, hupen die Leute schon mal und winken freundlich. Ich sehe Pärchen darüber lachen und habe aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis viel gutes Feedback dazu bekommen“, berichtet der Chef der Tischlerei Michael Haller.
Die Werbung zeigt eine selbstbewusste ältere Dame, die mahnend den Zeigefinger hebt und einen zweigeteilten Schriftzug: „Wir tauschen auch Ihre alte … Tür!“ Vier Jahre lang hatte der Unternehmer mit der Werbung keinerlei Probleme. Bis er über seinen Messenger eine Nachricht von einer Person aus Nienburg erhielt.
„Sie schrieb sinngemäß, was mir einfallen würde, so eine sexistische und herabwürdigende Werbung zu schalten“, berichtet Haller. Der Tischler sah das anders. Er beantwortete freundlich mehrere Nachrichten der Nienburgerin, ohne sich dabei auf eine Diskussion um seine Fahrzeugwerbung einzulassen.
Post vom Deutschen Werberat
Dann herrschte Funkstille – scheinbar: Einige Wochen später erhielt Haller einen Brief aus Berlin. Beim Deutschen Werberat, der Selbstkontrolleinrichtung der Werbewirtschaft, war eine Beschwerde über seine Fahrzeugwerbung eingegangen. Der Werberat bat ihn Stellung zu beziehen und mitzuteilen, ob der Tischler seine Werbung weiter verwenden wolle. „Entfernen wollte ich sie unter gar keinen Umständen“, erklärt Haller.
Stattdessen hat er dem Rat seine Werbung und die bisherigen Erfahrungen damit noch einmal genauer erklärt. „Dass die Werbung ein bisschen provokant ist bedeutet doch nicht, dass wir ältere Mitmenschen herabwürdigen wollen“, sagt Haller. „Dreiviertel meiner Kunden sind älteres Baujahr, ich arbeite außerdem viel für Pflegeheime – und es gab noch nie ein schlechtes Wort über meine Werbung.“
Was kann schlimmstenfalls passieren, wenn es ein Unternehmen mit dem Werberat zu tun bekommt? Ein Rechtsstreit, Strafzahlungen oder ähnlich harte Sanktionen? Nein. „Kommerzielle Werbung fällt zu 100 Prozent unter die Meinungsfreiheit“, erklärt der Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht Daniel Kötz. Dem Unternehmen droht allenfalls ein Imageschaden.
Doch soweit kam es im Fall von Michael Haller nicht. Ein Gremium des Werberats stimmte schließlich über seine Werbung ab und kam zu dem Schluss, sie nicht zu beanstanden. Hochärgerlich findet der Unternehmer die Sache dennoch. „Manchmal frage ich mich, ob die Leute nichts besseres zu tun haben, als uns kleinen Handwerksbetrieben mit solchen Aktionen das Leben schwer zu machen“, sagt der Unternehmer.
So wie er sehen es auch Kunden und Kollegen, mit denen Haller die Geschichte auf der Facebookseite seiner Tischlerei geteilt hat. Ergebnis: 245 Likes und jede Menge Zuspruch in 68 Kommentaren. „Auf Facebook haben sich alle nur totgelacht“, fasst der Tischler zusammen.