Werkzeugtest: Freihändig Fräsen mit der Shaper Origin
Paul Ahrens und Michael Reisch von der Fachschule Holztechnik und Gestaltung haben für uns die Shaper Origin getestet. Was das ist? Sehen Sie selbst.

Durch das Domino-Muster weiß die Maschine genau, wo sie sich gerade befindet. Foto: Shaper Tools
Die Shaper Origin ist eine Verbindung aus handgeführter Oberfräse und einer CNC-Steuerung. Seit Mitte März ist das Produkt des amerikanischen Start-Up-Unternehmens Shaper Tools auf dem europäischen Markt erhältlich. Die Holz-Handwerk in Nürnberg sollte die Kulisse für die Markteinführung sein, aber dann kam mit der Corona-Krise alles anders. Stattdessen hat das Unternehmen mit Online-Seminaren und Livestreams seinen Marktstart eingeläutet. Soviel zum Hintergrund. Aber wie funktioniert das Gerät eigentlich? Eine handgeführte CNC-Fräse – geht das überhaupt?
„Die Fräse verfügt über eine integrierte Kamera zur Erfassung der Arbeitsfläche und orientiert sich am sogenannten ShaperTape, einem Klebeband, auf dem unterschiedliche Domino-Steine aufgedruckt sind“, erklären Paul Ahrens und Michael Reisch. Beide sind Tischler und besuchen aktuell die Fachschule Holztechnik und Gestaltung in Hildesheim (HGH), um dort ihre Weiterbildung zum Holztechniker zu machen. Die Shaper Origin haben sie bereits zu Beginn des Jahres zur Verfügung gestellt bekommen, weil sie das Gerät für ihre Abschlussarbeit nutzen möchten – und beide haben sie die Versprechungen des Herstellers zunächst kritisch aufgenommen. Zudem ist der Anspruch an Holzbearbeitungsmaschinen im europäischen Markt höher als in den Vereinigten Staaten.
Ein Badezimmerschrank als Referenzobjekt

Neulich im Hinterhof: Die Schmalflächen der Tür hat Paul vorne an der Werkbank eingespannt. Mit der Origin fräst er die Kontur der Bänder aus. Foto: Reisch
Um das Gerät in der Anwendung ausprobieren zu können, haben Paul und Michael zunächst einen Badezimmerschrank geplant. Die Eckdaten: Als Material dient Fichtenleimholz, rechts ist ein Regalfach, das durch eine Halbkoffertür verschlossen wird. Beim Beschlag entschieden sich die beiden Tischler für das Tectus-Band TE-240-3D von Simonswerk. Zu diesem Zeitpunkt macht die Covid-19-Pandemie zunächst einen Strich durch die Planung. „Der Schrank befindet sich noch im rohen Zustand, mehr war mit eigenen Mitteln seinerzeit nicht möglich“, sagt Michael, denn: die HGH und damit die Schulwerkstatt musste schließen. „Wir sind auf einen sehr schönen Innenhof in Hildesheim ausgewichen und haben an der frischen Luft gearbeitet“, berichtet Paul. Unterstützung gab es auch bei der befreundeten Tischlerei Sandkuhl in Ganderkesee.
Die Schablone ist überflüssig
Die anfänglichen Bedenken erwiesen sich schnell als nicht gerechtfertigt. „Dadurch, dass die Maschine immer genau weiß, wo sie sich auf der zuvor eingescannten Arbeitsfläche befindet, kann die Origin die Handbewegungen korrigieren“, erklärt Michael die grundlegende Idee hinter der Maschine. Hier, beim Badezimmerschrank, ging es ganz konkret darum, die Bänder einzulassen. „Dafür muss ich entweder eine Schablone anfertigen oder ich muss eine kaufen – und in den meisten Fällen ist sie nur für einen einzelnen oder einige wenige Fälle einsetzbar“, sagt Michael. Mit der Origin erübrige sich dieser Aufwand. „Das Fräsergebnis ist perfekt“, stellt Paul fest. Standardmäßig liefert Shaper übrigens eine Acht-Millimeter-Spannzange mit. Für die notwendige hohe Drehzahl und die entsprechende Kraft sorgt ein 720 Watt starker Spindelmotor von Festool.
Zuerst mit der Software beschäftigen

Beim Beschlag haben sich Michael und Paul für den Tectus von Simonswerk entschieden. Foto: Ahrens
Bis der Anwender aber zu perfekten Ergebnissen kommt, muss er sich zunächst mit der Software auseinandersetzen – wie bei jeder CNC-Fräse: Grundlage für jede Fräsung sind vektorbasierte Dateien, die der Tischler wie gewohnt am Computer erstellt. Per USB-Stick oder über die Plattform ShaperHub (https://hub.shapertools.com) kommen die Daten auf die Maschine. „Alternativ dazu verfügt die Origin über eine Vielzahl interner Möglichkeiten, mit denen man direkt auf der Maschine Formen und Schriften zeichnen kann, ohne dafür ein zusätzliches Programm zu benötigen“, sagt Paul.
Für die beiden Tischler sind die Einsatzmöglichkeiten der Shaper Origin sehr vielfältig und die Grenzen noch lange nicht abgesteckt: Vom Präzisionswerkzeug in der Werkstatt bis zum Problemlöser auf der Montage sind für sie alle Arbeitsbereiche denkbar.
DATEN
- Name: Shaper Origin
- Drehzahl: 10.000-26.000 U/min.
- Spannzange: 8 mm
- Tiefenkontrolle: 43 mm Fahrweg der Z-Achse
- Gewicht: 6,6 kg
- Preis: 2.890 Euro zzgl. MwSt.