Trotz Maschinen: Erfahrung beim Treppenbau erforderlich
Früher Massivholz, heute Materialmix. Nach wie vor brauchen Treppenbauer viel Erfahrung.
Eigentlich sollte es in einer digitalen Welt kein Problem mehr sein, eine Treppe zu bauen. Das Aufmaß ist mit dem Scanner schnell und genau gemacht. Am Monitor lässt sich mit den gängigen Programmen die Treppe exakt planen, den Rest übernimmt das CNC-Bearbeitungszentrum.
Materialmix erfordert Know-how

Schreinermeister Winfried Böhlein: „HPL-Treppen sehen aus wie Stahl, sind aber leichter.“ (Foto: Vahle)
„Ganz so einfach ist es nicht“, weiß Schreinermeister Winfried Böhlein aus dem fränkischen Königsfeld: „Die Ansprüche sind gestiegen. Früher haben wir in Massivholz gearbeitet, heute besteht eine Treppe häufig aus einem Materialmix.“
Böhleins Vater Hans hat schon vor mehr als 50 Jahren Treppen gebaut. Nach seinem Tod übernahm Sohn Winfried 1993 den Betrieb. Neben Holz und Farbe haben heute andere Materialien Einzug in den Treppenbau gehalten. Beispielsweise Glas und Stahl; ein neuer Trend sind die sogenannten HPL-Treppen, die aus Plattenmaterial bestehen. Sie sind sehr belastbar und ihre Oberfläche ist sehr schlagfest. „HPL-Treppen sehen aus wie Stahl, sind aber viel leichter und sie lassen sich wie Holz bearbeiten“, berichtet Böhlein aus der Praxis. „Das Spektrum wird immer breiter“, sagt er. Die Massivholztreppe – wie sie sein Vater noch hauptsächlich gebaut hat – ist deswegen aber noch lange nicht tot. Sie existiert weiter. Nur dass sie heute eher filigraner gestaltet ist als in den Häusern unserer Großeltern.
Für das Aufmaß benutzt Winfried Böhlein gewöhnlich einen Scanner – das ist heute Standard. „In einem Neubau mag es noch mit dem Zollstock gehen. Aber in einem Altbau, der krumm und schief ist, da ist das Gerät nicht zu ersetzen“, sagt der Schreinermeister. Die Treppenplanung erfolgt natürlich am Rechner, die Fertigung wird zu 95 Prozent in der Werkstatt umgesetzt. Sonderteile vergibt der Franke an Partner-Betriebe. Den Aufbau übernehmen seine Mitarbeiter. Sechs Gesellen und einen Auszubildenden beschäftigt Winfried Böhlein.
Hard- und Software im Treppenbau

Angela Martin ist Fachfrau für das Aufmaß. (Foto: Vahle)
Wie aber unterstützen Hard- und Software heute den Treppenbauer? Das weiß Angela Martin, Vertriebstechnikerin bei der Flexijet GmbH in Bad Oeynhausen, ganz genau. Das Unternehmen entwickelt seit 2006 Hard- und Software für den Treppenbau und hat inzwischen mehr als 1.500 Flexijet-3D-Geräte am Markt.
Wie der Name schon andeutet, lässt sich mit dem Gerät ein dreidimensionales Aufmaß anfertigen. Es besitzt eine Vielzahl komfortabler Funktionen wie beispielsweise Touchscreen, Zoom, Sprachnotizen oder Fotofunktion mit der Möglichkeit, Notizen zu hinterlegen. „Das Gerät ist auf einfache Bedienbarkeit gebaut und besitzt eine Benutzeroberfläche, die an Auto CAD angelehnt ist“, sagt Martin. Einmal positioniert erfasst das Gerät auch schwierige Treppensituationen. Es gibt sogar einen Hinweis, wenn es versehentlich angestoßen wurde und das korrekte Aufmaß in Gefahr ist.
CNC-Bearbeitungszentren für den Treppenbau

Davis Müller weiß, wie gute Maschinen funktionieren müssen. (Foto: Vahle)
Spezialist für die „ganz schwere Hardware“ ist Davis Müller, Gebietsverkaufsleiter bei der Reichenbacher Hamuel GmbH bei Coburg. Die Maschinenbauer sind Spezialisten für CNC-Bearbeitungszentren und haben sich unter Treppenbauern mit der Vision-II-ST einen Namen gemacht.
Einige Eckdaten: Die Konstruktion ist ein Vier-Ständer-Portal. „Diese Portalkonstruktion ist wichtig, um die Vibrationen so weit wie möglich aus der Maschine zu bekommen“, sagt Müller. Der Trägertisch ist quasi nackt – sämtliche Bauteile verlaufen im Inneren, damit es keine Probleme mit beschädigten Kabeln oder verschmutzter Technik gibt. Der Sägevorschub beträgt mit der 15-Kilowatt-Spindel 40 Meter in der Minute, mit der 24-Kilowatt-Spindel sind es bis zu 60 Meter. Die Vision kann sogar über Nacht ganz alleine mannlos fertigen – egal ob Stufen, Wangen oder Pfosten. Bei Reichenbacher hält man nichts davon, unzugängliche Steuerungen zu verbauen. Das Unternehmen verwendet standardisierte Bauteile, die jeder Fachmann reparieren kann. Müller mag die Reichenbacher-Maschinen, das ist seinem Gesicht anzusehen, wenn er die Vorzüge anpreist. Eines ist für ihn aber ganz klar: „Die Maschine allein reißt es nicht, wenn nicht die handwerkliche Erfahrung dazukommt.“ (tv)
Hintergrundinformation
Winfried Böhlein, Angela Martin und Davis Müller haben wir Anfang März auf den Deutschen Treppenbautagen des Bundesverbands Treppen- und Geländerbau (BVTG) getroffen. Gastgeber der Veranstaltung war in diesem Jahr die Remmers GmbH im südoldenburgischen Löningen, die für die Vortragsveranstaltungen ihr Remmers Forum und für den praktischen Teil das Kompetenzzentrum Oberfläche zur Verfügung gestellt hat.
Web-Wegweiser:
www.boehlein.de