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Thomas Vahle2018-06-28T14:31:08+02:00

Der Besonnene

Den Betrieb ständig vergrößern, sich an ruinösen Ausschreibungen beteiligen und regelmäßig in neue Technik investieren? Holger Kleen hat es lieber gesund – und vor allem bezahlt.

Die vier von der Tischlerei: Holger Kleen (links) und seine Kollegen sind in Bielefeld eine regionale Größe. Mehr wollen sie auch überhaupt nicht sein. (Foto: Vahle)

Zwischendurch klingelt immer wieder das Telefon von Holger Kleen. „Eine Schranktür ist kaputt? Die Scharniere sind abgebrochen? Keine Sorge, das kriegen wir wieder hin. Wann passt es denn? Gut, dann kommt der Kollege morgen Nachmittag vorbei.“ Kleen entschuldigt sich: „So geht das hier häufig den ganzen Tag. Jetzt können wir uns weiter unterhalten.“

57 Jahre ist der Tischlermeister aus Bielefeld alt und einen Großteil seines Geschäfts machen derlei kleine Reparaturen aus. Bei ihm sind es nicht die vermeintlichen Großaufträge, die das Geld in die Kasse bringen. Er pflegt lieber das Bild des hilfsbereiten und kompetenten Tischlerei-Betriebs Kleen und Seidel aus der Nachbarschaft. Entsprechend wenig groß ist sein Einzugsgebiet. Bielefeld und Gütersloh, das war‘s. „Bei größeren Kunden haben wir auch einen Radius von 100 Kilometern. Mehr will ich aber nicht. Dann vergrößere ich vielleicht den Umsatz, aber nicht den Gewinn“, sagt Kleen. Und die Finanzen hat der besonnene Chef von zwei Gesellen, einem Azubi und einer Bürokraft ganz besonders gut im Blick.

„Bei diesen kleinen Aufträgen schreibe ich nachher nur eine Rechnung, mehr habe ich nicht zu tun. An Ausschreibungen beteilige ich mich eigentlich überhaupt nicht mehr, das lohnt sich nicht, da habe ich am Schluss nichts übrig“, erklärt Kleen seine Philosophie.

Arbeit gibt es immer genug – von Kleinreparaturen bis hin zum Möbelinnenausbau. (Foto: Vahle)

Zudem sind es gerade die kleinen Reparaturen, die irgendwann große Aufträge bringen. Einfach weil schon ein guter Kontakt und eine vertrauensvolle Basis entstanden ist. „Wir leben natürlich nicht von den kleinen Sachen, unser Hauptgeschäftsfeld ist der Möbelinnenausbau im mittleren und gehobenen Segment“, sagt Kleen. „Aber Angebote schreibe ich kaum noch, das Vertrauen ist einfach da. Und die schönste und größte Werbung in den Tageszeitungen nützt mir nichts, wenn der Kunde kein Vertrauen hat. Mit dieser Einstellung fahre ich seit jetzt fast 30 Jahren sehr gut.“

Einige Kunden kennt er schon seit 1989, als er zusammen mit seinem Kollegen Ralf Seidel die Tischlerei unter dem Namen Kleen und Seidel aufgebaut hat. Beide waren damals noch relativ frische Meister. Doch Seidel erkrankte schwer, zog sich aus der Firma zurück und ist vor vier Jahren gestorben. „Mittlerweile bin ich seit zwölf Jahren hier alleine der Chef“, sagt Kleen. Darüber, den Firmennamen und das Logo zu ändern, hat er jedoch nie nachgedacht. „Ich habe bis heute einen guten Draht zu Ralfs Familie, warum sollte ich da was ändern?“

Die Halle, die die beiden Tischler damals auf die grüne Wiese gebaut haben, ist mittlerweile schon bezahlt. Auf 750 Quadratmetern haben Kleens Kollegen ausreichend Platz. Ein CNC-Bearbeitungszentrum gibt es auch. „Das habe ich vor acht Jahren gebraucht gekauft, mittlerweile ist die Maschine 20 Jahre alt, aber für uns reicht es vollkommen“, sagt Kleen. Damit, rund 250.000 Euro für eine neue CNC auszugeben, will er sich überhaupt nicht unter Druck setzen. Bei zwei Gesellen kann die Auslastung überhaupt nicht entsprechend gut sein, dass es sich rechnet. „Die alte Maschine steht hier einfach. Wenn wir sie brauchen ist es gut, aber es tut finanziell nicht weh, wenn wir sie gerade nicht brauchen“, sagt der Tischlermeister. Eine „Neue“ will er höchstens kaufen, wenn er wieder eine günstige Gebrauchte angeboten bekommt.

Ähnlich ist es mit allen anderen Maschinen und auch mit den Fahrzeugen: „Hier wird nichts geleast oder finanziert, bei entsprechender Pflege hält das alles ewig.“ Und damit es auch so bleibt, kümmert sich Kleen selbst um regelmäßige Pflege und Wartung. „Das spart ja auch“, sagt er nüchtern.

Die CNC ist zwar inzwischen 20 Jahre alt, macht aber ihre Arbeit, wenn sie gebraucht wird. (Foto: Vahle)

Ein Azubi arbeitet immer bei Kleen & Seidel. Mehr möchte der Chef nicht, weil sonst die Ausbildung leidet. (Foto: Vahle)

Auch in Zukunft wird er weiterhin sparsam wirtschaften und im Großen und Ganzen alles so lassen, wie es ist. „Wir sind hier sehr gut ausgelastet, der Betrieb läuft hervorragend. Und mit dem Willen, immer größer werden zu wollen, haben sich schon viele die Beine gebrochen.“

Dann klingelt wieder das Telefon, Kleen muss an die Arbeit. „Das Bücherregal hält nicht mehr richtig? Wir kommen mal vorbei und schauen uns das an. Wann passt es denn …?“

Autor

Thomas Vahle

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