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Thomas Vahle2018-05-31T13:51:09+02:00

Mit Leidenschaft arbeiten

Drei Leute, drei Hobelbänke und eine Handvoll alte Maschinen – ist so ein Betrieb überlebens­fähig? Sven Mager zeigt, wie das geht.
Mit einer Idee und einem Ohr für die Kunden.

Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein Kleiderständer. Ist es aber nicht. Es ist eine Wing-Chun-Puppe, auf Englisch auch gern Wooden Dummy genannt. Kampfsportbegeisterte trainieren an dem massiven Buche-Korpus. Ein ganz kleiner Markt am Rande des Tischlerberufs, mag man jetzt denken. Doch weit gefehlt.

Hat jetzt den Durchblick: Anfangs musste Sven Mager ganz schön tüfteln,
bis seine Wing-Chun-Puppen perfekt waren.

„Ich habe Anfragen aus der ganzen Welt“, erzählt Tischlermeister Sven Mager, in dessen kleiner Werkstatt im rheinland-pfälzischen Daun die Puppen entstehen. Fünf Stück davon fertigen er, seine Gesellin und der Azubi im Monat an. Hauptsächlich für den Markt in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Einige Exemplare gehen in ehemalige Ostblock-Staaten. Die weltweite Nachfrage mag Mager jedoch nicht bedienen: „Die Frachtkosten sind viel zu hoch, dann müssten wir containerweise fertigen. Das wollen wir aber nicht“, sagt er.

Was auf den ersten Blick einfach aussieht, folgt genau festgelegten Regeln: Jede Puppe entsteht nach Maßen, die Wing-Chun-Lehrer vor vermutlich hunderten von Jahren entwickelt haben. Jeder Winkel, jede Höhe, jeder Durchmesser und jede Länge sind genau definiert. Die drei Stöcke, die aus der Puppe herausschauen, sollen Arme im Angriff simulieren. Der dritte Arm ist nicht etwa eine obszöne Anspielung, sondern ein tiefer Schlag aus Hüfthöhe.

Auch wenn alles festgelegt ist, so gibt es zumindest Spielraum bei der Wahl des Holzes: In der Standard-Ausführung ist der Korpus aus Buche gefertigt, Esche oder Nußbaum sind aber auch möglich. Der Kunde kann wählen zwischen einer stehenden oder einer hängenden Puppe.

„Ein Freund von mir, der Wing Chun macht, hat diese Figuren anfangs günstig aus Fichte gebaut und auf einer Online-Plattform verkauft“, berichtet Mager von den Anfängen vor zehn Jahren. Sein Freund holte ihn als Holz-Fachmann dazu, damit sie ein hochwertiges Produkt anbieten konnten. Und wie so oft sind die richtigen Kontakte entscheidend: „Seitdem wir Verbindungen zu den Wing-Chun-Verbänden haben, geht alles Schlag auf Schlag“, sagt Mager. Früher hat er auf Vorrat gefertigt, jetzt nur noch auf Bestellung. Die kleine Tischlerei kommt kaum mehr nach.

Präzisionsarbeit: Jedes Teil muss perfekt
passen, so erwartet es der Kunde.

Sehen für Laien aus wie Kleiderständer:
Wing-Chun-Puppen.

Denn der Betrieb hat im Dorf und in der Eifel noch genügend andere Dinge zu tun. Ein ganz wichtiges Standbein sind Massivholzmöbel. Damit hat Mager während seiner Ausbildung mal begonnen und er ist diesem Geschäftszweig treu geblieben. „Hier in der Region sind Massivholzmöbel noch sehr angesagt. Und wir müssen viel individuell anfertigen, weil wir es oft mit sehr alten Häusern zu tun haben“, erzählt der 41-Jährige. Alte Balken, die im Weg sind, unpassende Mauervorsprünge und schiefe Wände sind Alltag. „Wenn die Leute eine Zeitlang durch die Möbelhäuser gezogen sind, dann sind sie enttäuscht und kommen zu mir“, sagt Mager.

Ganz begeistert erzählt er davon, wie er und seine Leute Küchenprobleme gemeistert haben, wie eine Eckbank für die Ewigkeit oder eine neue „alte“ Haustür nach Fotos entstehen, weil das Original längst verschwunden ist. Seine Augen glänzen beim Erzählen. Gerade bei den Haustüren sei die Nachfrage aktuell sehr groß, weil die Haus­eigentümer die Bausünden aus den 60er- und 70er-Jahren wieder rückgängig machen.

Aber auch, wenn es jeden Tag mehr als genug zu tun gibt, wird die kleine Tischlerei in Daun eine kleine Tischlerei bleiben. „Ich halte die Konstellation Meister, Geselle, Azubi für ideal. Wir nehmen uns Zeit für unsere Kunden und für unser Handwerk“, erläutert Mager seine Unternehmensphilosophie. „Ich will nicht immer mehr Leute einstellen und Millionen investieren, nur um noch mehr Mitarbeiter zu beschäftigen und immer mehr Geld ranschaffen zu müssen“, sagt er selbstbewusst. „Und dann wäre ich nur noch unterwegs, um neue Aufträge ranzuschaffen. Aber dafür arbeite ich einfach viel zu gerne in der Werkstatt. “

Sein Betrieb hat mit Lager 400 Quadratmeter. Und nach zwei Umzügen hat er den für sich idealen Standort gefunden. „Ich bin mit dem Ist-Zustand sehr zufrieden, ich brauche kein Industrie 4.0“, sagt der Dauner, der sich eine florierende Tischlerei aufgebaut hat, in der an Hobelbänken gearbeitet wird – und an Maschinen, die teilweise noch aus den 60er-Jahren stammen, aber in erstklassigem Zustand nach wie vor ihre Arbeit verrichten. „Vor Hacker-Angriffen sind wir hier sicher“, erzählt er lachend.

„Natürlich sollen uns Maschinen die Arbeit erleichtern, aber jeder Kollege muss sich überlegen, was er wirklich braucht. Unsere Anforderungen sind hier nicht so hoch“, sagt Mager. „Ich habe doch selber noch einen Kopf und meine Hände.“

Autor

Thomas Vahle

Thomas Vahle


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